Strategisch füttern & mehr fangen
Das Thema Karpfen anfüttern kann selbst langjährige Hunter in eine tiefe Faszination versetzen. Innerhalb dieser Disziplin gibt es noch so viele verschiedene Futtermittel und Vorgehensweisen – in der Regel beschäftigt man sich das ganze Anglerleben mit der Optimierung. Wie man Karpfen richtig anfüttern kann, möchten wir Dir in diesem Ratgeber vorstellen. Folgt man nachvollziehbaren Grund-Prinzipien, führen diverse Wege nach Rom. Sieh diesen Ratgeber daher eher als Ideen-Lieferanten und probiere weiterhin aus – davon lebt schließlich unser Hobby.
Karpfen anfüttern – Es gibt viele Variablen
Jahreszeit
Gewässer haben ihre individuellen Eigenarten, eines bleibt aber gleich – das wechselwarme Lebewesen Karpfen fährt seinen Stoffwechsel im kalten Wasser runter. Konkret schlägt das Herz des Karpfens bei einer Wassertemperatur von 1-2 Grad Celsius nur noch 2 bis 3 Mal pro Minute. Bei Temperaturen um 25 Grad Celsius schlägt das Herz kleiner Karpfen hingegen bis zu 200 Mal pro Minute.
Anhand dieser Stoffwechselaktivität wird jeder erkennen, dass im kalten Wasser wenig bis gar nichts gefüttert werden sollte. Jedes Gramm zu viel kann den Karpfen zu diesem Zeitpunkt unnötig sättigen oder verbleibt unangetastet am Gewässergrund – beides fördert nicht gerade die Wahrscheinlichkeit, dass unser Hakenköder genommen wird.
Frühjahr
Betrachtet man die Jahreszeit, macht Anfüttern häufig erst ab Mitte April Sinn. Erst dann ist das Wasser oft konstant bei einer zweistelligen Temperatur. Das Überschreiten der 10 Grad Marke gibt den Startschuss, vorsichtig anzufüttern. Zu diesem Zeitpunkt steht jedoch eher das Anlocken an erster Stelle. Grundfutter, gekochter Hanf (fördert Verdauungsprozess) und Naturköder (tote Maden) bieten sich an.
Ab einer Wassertemperatur von ca. 15 Grad kann man schon etwas gröber füttern. Das Anlegen von Futterplätzen kann im Frühjahr klappen oder daneben gehen. Hier muss man einfach den Finger am Puls des Gewässers haben und selbst testen. Eine bunte Partikelmischung aus Hanf, Weizen, Dosenmais, Hartmais und einigen Händen Boilies ist eine gute Praxis, im späten Frühjahr Plätze anzutesten.
Du musst das Angeln während des Laichens (ab ca. 18 Grad) im Übrigen nicht einstellen, da die Karpfen niemals alle gleichzeitig ablaichen. Milchner stellen das Fressen ohnehin oft nur kurz ein. Angle nun aber auch dort, wo die Karpfen laichen (bevorzugt werden flache, krautige Uferzonen). Gefüttert wird zu diesem Zeitpunkt eher nicht – einfach auffällige Single Hookbaits am Ort des Geschehens auslegen.
Sommer
Sind die Fische mit dem Laichgeschäft fertig, können große Mengen zum Einsatz kommen. Dies ist zumeist Anfang bis Mitte Juni der Fall. Im Hochsommer, wenn die Wassertemperaturen 25 Grad und mehr betragen, sollten die Futtermengen dann wieder zurückgefahren werden. Eine Kombination aus wenig Sauerstoff und starkem Nährstoffeintrag ist belastend für die Karpfen.
Herbst
Kühlt das Wasser Ende August wieder etwas ab, bricht die klassische Zeit der Futterplatzangelei an. Wer jetzt die eigenen Hausaufgaben in Sachen Location und regelmäßige Konditionierung erledigt, kann wahre Sternstunden erleben.
Wenn das Wasser im Laufe des Oktobers auf unter 12 Grad fällt, sollte man die Mengen deutlich reduzieren. Wer weiterhin regelmäßig füttert, kann bis in den November oder gar Dezember hinein (je nach Witterung und Wohnort) Sternstunden mit besonders dicken Fischen erleben.
Winter
Ab Januar macht es keinen Sinn mehr, gehaltvolles Futter einzubringen. Nun zählt es eher, zu reizen und zu locken. Das gelingt mit Farben, flüssigen Stoffen auf Wasser- oder Alkoholbasis, etwas Staubfutter oder Naturködern (Maden).
Füttern nach Wassertemperatur (Richtwerte)
Wassertemperatur | Futtereinsatz |
---|---|
0-5 Grad Celsius | Single Hook, maximal etwas Groundbait oder Micropellets im PVA |
6-7 Grad Celsius | Single Hook, ein paar hochattraktive Boiliestücke können hinzukommen (Pro Rute an einer Hand abzählen) |
8-10 Grad Celsius | Single Hook, kleiner Teppich aus Grundfutter, Flüssig-Additiven, toten Maden und etwas Dosenmais kann Fische munter machen |
10-14 Grad Celsius | Vorsichtiges Einbringen von kleinen Partikeln, wie Hanf, Weizen und Mais sowie kleinen Mengen Boilies |
Ab 15 Grad | Je nach Bestand, können nun schon einige Kilogramm am Tag gefüttert werden |
Ab 20 Grad (nach der Laich) | Nun sind große Mengen möglich, wenngleich man situativ stets abwägen sollte |
Ab 25 Grad | Futter verringern, insbesondere phosphathaltige Boilies (Fischmehlköder) belasten nun die Gewässer |
Fischbestand
Wer schon eine Weile am gleichen Gewässer angelt, bekommt mit der Zeit ein gutes Gefühl für den dort vorherrschenden Fischbestand. Regelmäßige Beifänge, wie Brassen, Alande und Döbel, deuten auf einen guten Weißfischbestand hin. In diesem Fall können wir davon ausgehen, dass Partikel und kleine sowie mittelgroße Boilies auch von diesen vertilgt werden – ein erhöhter Futtereinsatz ist möglich. In der Praxis können hier jedoch 2 Taktiken zur Anwendung kommen: Entweder man legt große Futterplätze an und setzt voll auf die Konditionierung aller Fische oder es werden steinharte, unscheinbare 24er+ Murmeln eingebracht.
Von hohen Casein- und Eggalbumin-Anteilen fühlen sich eher große Karpfen angesprochen. Harte, in gedeckter Optik gehaltene Boilies sind daher auch eine gute Wahl, wenn man an vielen 10 bis 20 Pfund Karpfen “vorbeiangeln” möchte.
Ansitzdauer
Die Futtermenge und deren Zusammensetzung hängt auch von der Ansitzdauer ab. Wer spät am Abend anreist und morgens um 7 Uhr schon wieder fort sein muss, sollte beim eigentlichen Angeln eher nicht mehr füttern. Die Vorbereitung spielt in diesem Fall eine wesentliche Rolle.
Anders sieht auf Touren in entfernte Regionen aus. Wer plant, ohnehin 14 Tage am Gewässer zu bleiben, kann zu Anfang ganz andere Mengen einbringen. Um auch bei so einer Tour vorsichtige Fische zu konditionieren, kann es lohnenswert sein, zunächst unangetastete Plätze für einige Tage zu füttern, ohne dort direkt Montagen abzulegen.
Zielsetzung
Das Thema Karpfen anfüttern ist mit dem Einsatz von Geld, Zeit und Aufwand verbunden. Man sollte sich daher im Voraus Gedanken darüber machen, was wirklich Sinn ergibt. Wenn Du in den ersten Monaten Deiner “Karpfenlaufbahn” bist, musst Du auch noch nicht aus allen Rohren schießen in Sachen Qualität und Masse. Klar, man sollte keinen künstlichen Müll füttern und auf’s Haar ziehen, jedoch kann man als Einsteiger mit hohen Futtermengen auch zumeist noch nicht geschickt arbeiten.
Gib der Zeit beim Karpfenangeln ihren Raum. Probiere am Anfang preiswerte Partikel, wie Mais und Tigernüsse, aus. Jene werden eigentlich in jedem Gewässer sofort angenommen. Wer sich mit dem Karpfenangeln tief verbunden fühlt, wird sich unweigerlich weiter mit Inhaltsstoffen beschäftigen, welche die Karpfen anziehen. Ein Leitfaden in die Richtung ist unser Ratgeber Boilies kaufen.
Karpfen anfüttern – Die Futter-Pyramide ist besonders bewährt
Um einen Futterplatz neu aufzubauen – womöglich auch an einem für den Angler neuen Gewässer – macht die Handhabe der sog. Futter-Pyramide zumeist Sinn. Dahinter steckt der Ansatz, mit feinem Futter zunächst die maximale Aufmerksamkeit zu erregen. Stellen sich Brassen, Rotaugen und andere Weißfische ein, bleibt dies auch den Karpfen oft nicht verborgen. Das Getümmel lockt sie an.
Im Folgenden kannst Du Dein feines Futter – vielleicht beginnend mit Grundfutter-Ballen, Dosenmais und Hanf – zunehmend durch Boilies ersetzen. Je weitläufiger Du den Platz dann mit harten Boilies fütterst, desto zuverlässiger rücken Brassen und Co. desinteressiert ab. Nur die Schlundzähne großer Karpfen haben kein Problem, steinharte Pillen zu knacken und nehmen das Futter gerne mit.
In der Regel wird es auf so einem Futterplatz zunächst so sein, dass sich beim Angeln Brassen, Schleien und Co. einstellen. Wird das Futter zunehmend ausgedünnt und unattraktiver für Weißfische, stellt sich womöglich nach einigen Sessions dann der Topfisch ein. So die Theorie – ob es in der Praxis klappt, kann man im Voraus natürlich nicht sagen. Zeit ist Fisch – ein gut organisierte Futterplatz häufig die bestmögliche Abkürzung.
Karpfen anfüttern – Lieber regelmäßiger als mehr ist der Tenor
Unter erfahrenen Karpfenanglern ist es die einhellige Meinung, dass regelmäßiges Füttern die Masse schlägt. Hinsichtlich Konditionierung in der Fischzucht leuchtet das auch ein. Wenn Du die Möglichkeit hast, füttere lieber 3-4 Mal vor und nach dem Ansitz – das schafft Vertrauen bei den Fischen. Lediglich einmal groß abkippen kann die Fische schneller launig werden lassen. Zudem steigt mit einer massiven Einmal-Fütterung das Risiko, beim Ansitz noch zu viele Futtermittel am Gewässergrund liegen zu haben. Manche Karpfenangler fahren sogar 2x pro Tag an ihr Gewässer, um es vorzubereiten.
Fütterst Du stets zur gleichen Zeit, merken sich die Fisch dies irgendwann. Manche Angler beobachten, dass sie sogar am Platz warten und buckeln. Auch vom Geräusch der Spomb können sich die Karpfen irgendwann angezogen fühlen, wenn sie das Platschen mit Futter verbinden. Es fällt einfacher, dies als nachvollziehbar einzustufen, wenn man beim Prozedere nicht an XXL-Gewässer, sondern an kleine Teiche/Seen denkt.
Optimal ist es natürlich, wenn Du kontrollieren kannst, ob Dein Futter gefressen wird. Das gelingt in flachen und klaren Abschnitten auf Sicht. Ansonsten hilft eine Unterwasserkamera zum Angeln ausgesprochen gut.
Karpfenfutter – Mit diesen Hilfsmitteln bekommst Du es an den Platz nach Wahl
Stab und Kelle
Das Futter muss man natürlich auch noch an den Platz nach Wunsch befördern. Mit den Händen klappt dies nur in wenigen Fällen – z.B. beim Füttern von Boilies am eigenen Flussufer. Ansonsten braucht man oft Hilfsmittel. Absoluter Standard ist eine Futterschaufel mit Griff. Durch die genormten Gewinde können markenfremde Kombinationen aus Schaufel und kurzem/langem Handteil problemlos erfolgen.
Partikel, wie Hartmais und Tigernüsse, bekommst mit einer Schaufel am langen Stab auf über 10 Meter. Mit Boilies ist einiges mehr drin. Auch Grundfutter in Ballen kann per Kelle gefüttert werden – besonders weit fliegen jene, wenn sie zuvor eingefroren wurde. Darüber hinaus kannst Du an flachen Ufern mehr Wurfweite herausholen, indem Du eine Wathose zum Angeln benutzt.
Wurfrohr
Mit einem Wurfrohr kannst Du Boilies auf mittlere und große Distanzen – bis ca. 100 Meter – füttern. Der Durchmesser des Rohres limitiert die maximale Boilie-Größe. Am besten sind die Boilies auch nicht zu klein. 16er Kugeln fliegen gut im 20er Rohr, während 24er im 25/26er Rohr platziert werden sollten.
Der Umgang mit dem Wurfrohr erfordert zunächst etwas Übung. Je öfter Du es einsetzt, desto besser und gezielter werden die Würfe. Ein gerne gemachter Anfängerfehler ist der Umstand, das Rohr zu spät zu stoppen – der Winkel/die Öffnung muss hoch genug zeigen, damit der Boilie ordentlich auf Distanz kommt.
Futterrakete
Die Spomb hat nach Erscheinen hohe Wellen geschlagen. Sie ist eine komplett geschlossene Futterrakete, welche wie eine Bombe geformt ist. Durch den geschlossenen Zustand lässt sich, neben Boilies, auch feines Futter ausbringen. Du kannst im Winter z.B. eine richtige “Pampe” anrühren, welche in der kompletten Wassersäule Wolken hinterlässt. Die Spomb öffnet sich nach dem Auftreffen auf die Wasseroberfläche.
Man braucht nicht zwingend eine Spod-Rute, um mit der Spomb zu arbeiten. Angelst Du auf Distanzen zwischen 10 und 50 Meter, tut es sogar eine normale 3 lbs Karpfenrute vollkommen. Nur große Distanzen, welche bei geübten Werfern 130 m überschreiten können, erfordern ein starkes Rückgrat von 4,5-5 lbs.
Karpfen anfüttern – Manchmal gibt es nicht den einen Königsweg
Eigene und andere Erfahrungswerte kann man als Leitfaden beim Füttern begreifen. Dass im Winter weniger mehr ist, sollte jedem gewiss sein. Dennoch lohnt es immer, sich weitere Gedanken zu machen und situativ die Futterstrategie anzupassen. Nicht zuletzt durch den Klimawandel kann es zu besonderen Situationen kommen. Hat das Wasser tiefer Baggerseen im Dezember immer noch an die 10 Grad, spricht auch nichts dagegen, eine entsprechend dosierte Futterkampagne weiterzufahren. Gleiches gilt für Warmwassereinläufe.
Bei starkem Angeldruck lohnt es des Weiteren, auch mal genau das Gegenteil zu machen. Kippen die anderen Massen ab, solltest Du vielleicht mal Single Hook fischen. Angeln alle Instant, erscheint es womöglich lohnenswert, mal so richtig den Grund mit Ködern zu lackieren.